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2007 ff.
 

Friedrich Arnold Hasenkamp

HASENKAMP Friedrich Arnold-1316 wurde am 11. November 1747 in Wechte bei Lengerich geboren und starb am 3. April 1795 in Duisburg

Ob Friedrich Arnold Hasenkamp verheiratet war, steht nicht absolut zweifelsfrei fest.

Nach dem Tod seines Bruders Johann Gerhard Hasenkamp lebte er mit KRIEGE Anna Elisabeth-140  Tochter von KRIEGE Friedrich-1161 zusammen. Anna wurde am 15. Oktober 1747 in Lengerich geboren.  Zur Frage, ob sie ihren Schwager auch geheiratet hat, gibt es unterschiedliche Auskünfte.[Siehe dazu Buch 7, Kapitel 15.52]. Sie starb weit nach dem Tod ihres Schwagers/Lebensgefährten /evtl. Ehemanns im Jahre 1795 hochbetagt  am 21. Februar 1841 in Lengerich. [Zur Lebensgeschichte von Anna Elisabeth Kriege siehe auch das Kapitel Florens Jacob Smend, dem sie noch lange Jahre den Haushalt führte und der ihre Tochter heiratete]
 

Friedrich Arnold Hasenkamp-1316 war offensichtlich deutlich anders strukturiert: als sein Bruder Johann Gerhard Hasenkamp. In der älteren Allgemeinen Deutschen Biographie heißt es über ihn

Friedrich Arnold Hasenkamp reformirter Theolog und Schulmann des 18. Jahrhunderts, geb. am 11. Jan. 1747 zu Wechte im Kirchspiel Lengerich in der Grafschaft Tecklenburg als Sohn eines Bauern, † 1795 als Rector in Duisburg.

Gesinnungsgenosse, Amts- und Ehenachfolger seines älteren Halbbruders Johann Gerhard H., dessen Wittwe er zur Versorgung ihrer Kinder heirathete, bekämpfte er wie jener mit großer Entschiedenheit, aber mit größerer Ruhe und Milde die damals herrschende Aufklärung und theologische Neologie, wie den in der französischen Revolution entfesselten Geist des Umsturzes vom Standpunkt eines ernsten und und wohlgemeinten, wenn auch etwas beschränkten Supranaturalismus, innig befreundet mit Lavater, Jung Stilling, Desmarées, Menken u. A., dagegen im litterarischen Kampf mit Semler, Eichhorn, Teller, Steinbart, Schulze, Bahrdt und anderen Wortführern der Aufklärung und des theologischen Rationalismus, die ihn theils aufs heftigste bestritten, theils vornehm ignorirten.

Seine Schriften sind: „Ueber die verdunkelnde Aufklärung“, Duisburg 1789; „Die Israeliten, die aufgeklärteste Nation unter den ältesten Völkern in der Erkenntni. Gottes“, Frankfurt 1790; „Ueber Kant’s Moralprincip“, 1791; „Briefe über Propheten und Weissagungen an Herrn Hofrath Eichhorn in Göttingen“, Duisburg 1791–92; „Briefe .ber wichtige Wahrheiten der Religion“, Duisburg 1794, 2 Theile; „Wahrheiten für ein braves Volk“, Duisburg 1793.“  [Quelle: Artikel „Hasenkamp, Friedrich Arnold“ in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), ab Seite 737, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource: de.wikisource.org Version vom 27. September 2009, 09:38 Uhr UTC)

In Wikipedia werden andere Aspekte seines Lebens deutlicher hervorgehoben

„Geboren als Sohn eines Bauern, wurde Friedrich Arnold wie sein Bruder Johann Gerhard fr.h von der Erweckungsbewegung beeinflusst und wurde in Duisburg zusammen mit dem Arzt  Samuel Collenbusch zum Vertreter der württembergischen Spielart des Pietismus (Johann Albrecht Bengel, Friedrich Christoph Oetinger. Die 1774 in Elberfeld erfolgte Begegnung mit Lavater und Goethe wurde von dem auch daran teilnehmenden Jung-Stilling in dessen Lebensgeschichte beschrieben (sog. Treffen der ‚Stillen im Lande’):

‚Neben Lavater saß Hasenkamp, ein vierzigjähriger etwas gebückter, hagerer, hectischer Mann, mit einem Länglichten Gesicht, merkwürdiger Physionomie, und überhaupt Ehrfurcht erweckenden Ansehen; jedes Wort war ein Nachdenken und Wohlgefallen erregendes Paradoxon, selten mit dem System übereinstimmend; sein Geist suchte allenthalben Luft ....(Lebensgeschichte, 319)’

Von 1779 bis 1795 wurde Hasenkamp dann Rektor des Duisburger Gymnasiums. Auf ihn  ging die kaufmännische Umorientierung des Unterrichts am Gymnasium zurück: Statt der alten Sprachen wurden nun vermehrt die sog. .Realien., wie Geschichte und Geographie gelehrt.“ [Quelle: de.wikipedia.org/wiki/  27.9.2009]

Über Friedrich Arnold Hasenkamp gibt es darüber hinaus familiäre Erinnerungen der Hasenkamp Chronik, die von Siegfried Torhorst überliefert wurde.

Deutlich werden die Verbindungen zur pietistischen Theologenszene in und um das Wuppertal. Samuel Collenbusch wurde am 1.9.1724 in Wichlinghausen geboren und starb am 1.9.1803 in Barmen. Sein Vater Johann Peter Collenbusch [auch der Zweitvornahme Wilhelm wird genannt] war Fabrikant und Kaufmann, seine Mutter Anna Elisabeth Bruse. Er war ein „Biblizist“ und Vertreter des Pietismus im bergisch-rheinischen Raum.  Er lebte seit 1754 in Duisburg als Arzt. Ab 1784 praktizierte er in Barmen, mit 65 Jahren promovierte Collenbusch bei der Medizinischen Fakultät in Duisburg. Er blieb unverheiratet und war die letzten 10 Jahre seines Lebens blind. Seine Disseration über die Heilkraft des Schwelmer Brunnens trug zum Aufstieg von Schwelm als Bade- und Kurort bei. Der Schwelmer Brunnen wurde zum Ausflugsziel der Bevölkerung im Wuppertal [vgl. auch Band 1 und Band 4].

Nachfolgend die Hasenkamp Chronik in der von der maschinenschriftlichen Kopie übertragenen bis auf einige leicht veränderte Zwischenüberschriften, die Absatzgestaltung und die Hervorhebungen nicht veränderten und kursiv gesetzten Fassung. Es handelt sich zweifellos um ein besonderes geschichtliches Dokument.

 

Lebenslauf bis zum Antritt des Rektorats.
(Aus den Akten des Duisburger Gymnasiums, abgedruokt in Averdunk, Geschichte des Duisburger Gymnasiums, 1909)

Arnold Hasenkamp wurde geboren am 11.1.1747. Im Mai 1767 wurde er von seinem Bruder nach Duisburg geholt und in Sekunda gesetzt, da er bereits im 21. Jahre stand, in Sprachen freilich noch ganz unwissend war. Nach einem Jahre wurde er in die Prima versetzt und genoß 2 Jahre den Unterricht seines Bruders und besuchte dann 4 Jahre die Duisburger Universität. 1770 wurden er und sein Bruder Johann Heinrich in der theologischen Fakultät eingeschrieben. In einer Konduitenliste der Fakultät vom 24.6.1771 werden beide lobend erwähnt. Am 14.September 1173 wurde er nach bestandener Prüfung unter die Kandidaten der Theologie aufgenommen.

Darauf wurde er Hauslehrer, zuerst für 1 Jahr bei dem Kaufmann Peter Wichelhaus in Elberfeld, dann beim Richter Weinhagen in Dinslaken. Im Oktober 1776 erhielt er die Stelle eines Rektors an der Schule zu Orsoy, von dort wurde er, wie erwähnt, im November 1778 als Konrektor nach Duisburg berufen und am 16.April 1719 als Rektor eingeführt.


Arnold Hasenkamp als Gymnasialdirektor
(Aus Averdunk, Geschiohte des Duisburger Gymnasiums)

Als Friedrich Arnold Hasenkamp sein neues Amt antrat, waren in Prima 7, in Sekunda 12, in Quarta und Tertia15, in Quinta 4, in der ganzen Schule 38 Schüler. 1788 waren in Prima 6, Sekunda 7, Tertia 9. Quarta 20, im ganzen 42 Schüler. In den 17 Jahren bis zu seinem Tode am 3. April 1795 hatte er 129 Schüler aufgenommen, also nur eine geringe Zahl, im Durchschnitt 7 - 8 im Jahr.

Im Jahr 1787 ließ er Schulgesetze drucken. Sie enthalten fast nur Selbstverständliches und viel überflüssige, zum Teil verkehrte oder unzweckmäßig erscheinende Bestimmungen. Deshalb begnügen wir uns mit dem Abdruck weniger Paragraphen, die als Probe dienen mögen.

  • Ein jeder, der das Gymnasium besuchen will, muß sich vorher bei dem Rektor melden und nach einer kurzen Prüfung seiner Fähigkeiten den Gesetzen des Gymnasiums in allen Stücken nachzukommen feierlich versprechen. Darauf wird er in die seinen Fähigkeiten angemessene Klasse gewiesen und dem Lehrer derselben bestens, empfohlen.
  • In den täglichen Betstunden, welche auf dem Gymnasium morgens beim Anfang und nachmittags vor dem Ausgang aus der Schule gehalten werden, müssen sich alle Schüler einfinden und bei dem Gesang und dem Gebet sich still und aufmerksam bezeigen. Wer dieses nicht tut, wird, nachdem er vorher ernstlich gewarnt worden, in Gegenwart aller Schüler bestraft und muß, wenn dieses nicht helfen will, vor der besonderen Versammlung der Lehrer erscheinen und, seine weitere Bestrafung erwarten. 
  • Während dem Aufsagen der Lektionen, welche auswendig müssen hergesagt werden, müssen die Bücher alle geschlossen sein. Wenn einer verstohlner Weise in das Buch einsiehet, so wird er um eine Stelle herunter gesetzt.  Siehet es sein Nachbar und verhehlet es, so wird er zugleich mit gestraft.
  • Das Essen in der Schule fällt als unanständig gänzlich weg; auch alles Spielen mit andern Dingen, wodurch die Aufmerksamkeit gestört wird, ist verboten. Wer isset, muß einen Mittag im Arreste fasten, und dem Spieler werden seine Dinge, womit er spielet, genommen und dabei nach Gutbefinden gestraft.
  • Zank, Streit, Wortwechsel und Schimpfen gegen Mitschüler ist gänzlich verboten, und wer sich dessen nicht enthält, muß einige Stunden das Carcer hüten.
  • Schadenfreude über die Strafe seines Mitschülers darf keiner blikken lassen. Wer es tut, wird deswegen besonders bestraft. 
  • Wer die Unwahrheit redet, wird nach ernstlichem Vorweis von seinen Lehrern bestraft. Wer gar aus dem Lügen eine Gewohnheit macht, wird in allen Klassen als ein Mensch, der keinen Glauben verdient und vor dem sich jeder in Acht nehmen muß, bekannt gemacht.
  • Außer der Schule ist jeder verbunden, sich höflich und bescheiden gegen jedermann zu betragen; besonders aber muß er in allen Stücken seine Hochachtung gegen Obere, Vorgesetzte und andere distinguierte Personen bezeugen. Vier dagegen fehlet, muß als ein grober und ungesitteter Mensch in den Klassen von allen abgesondert sitzen, bis er Proben der Besserung gibt.
  • Alles Lärmen auf den Gassen, besonders das Werfen mit Schneebällen wird gänzlich verboten. Wer dessen überführt wird, soll ernstlich bestraft werden.
     

Der darbende Schulmeister.

In einem Jahresbericht von 1788 teilt Arnold Hasenkamp mit, daß er wöchentlich 10 Stunden Latein gab, 5 Stunden Griechisch, je 1 Stunde Geschichte und Geographie, ebenso Logik und Altertümer (wofür zuweilen Rhetorik eintrat)und 1 Stunde Religion, 6 Stunden Verschiedenes, außerdem privatim 4 Stunden Hebräisch, im ganzen 30 Stunden.

Unbegreiflich ist für uns, daß die Stadt Duisburg, obwohl ihr Handel in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts in hoher Blüte stand und Reichtum einströmte, die 4 Lehrer des Gymnasiums hungern ließ. Rektor Arnold Hasenkamp hatte laut seinem Bericht von 1188 nur 215 Taler fest4s Jahresgehalt nebst freier Wohnung und 3 Haufen Holz, zu 20 Taler gerechnet, ferner rund 30 Tl. aus Schulgeld und etwa 40 Tl. durch Privatstunden (täglich 2 Stunden). In einem „Promemoria“ (1788) klagt er: „Ich halte nichts so sehr geeignet zur Förderung des Gymnasiums, als wenn dafür gesorgt werden kann, daß die Lehrer kein Kummer drückt, daß sie sorgenlos ihre Arbeit verrichten können. Nichts verdirbt den Unterricht so sehr als Mutlosigkeit, und was macht wohl mutloser als Nahrungssorgen?

Gewiß, wir müssen uns kümmerlich behelfen, dürfen uns nicht einmal in den Sinn kommen lassen, ein Buch kaufen zu wollen. Wie vieles verlieren wir dadurch! Wie vieles unsere Schüler! Alles ist teuer. Rechnet man doch schon 400 Tl. für einen Studenten, der ordentlich leben will. Wie soll es da der Lehrer machen, der eine Haushaltung führen muß und doch lange nicht so viel hat?“
 

Arnold Hasenkamp als Theologe.

Wie im Schulamt war Arnold Hasenkamp auch in seiner Theologie Erbe seines älteren Halbbruders Johann Gerhard Hasenkamp, also ein Bibeltheologe, der in inniger Geistesgemeinschaft mit Dr.med. Samuel Collenbusch die Glaubensgedanken der heiligen Schrift des Alten und Neuen Testaments in zusammenfassender heilsgeschichtlicher Schau darzustellen suchte, und zwar in selbständiger Freiheit gegenüber dem reformierten Orthodoxismus; ein Kämpfer wider den Rationalismus und seine Bibelkritik; in seiner Glaubenshaltung ein „Pietist“ männlicher Richtung mit freudigem Streben nach Heiligung.

Ihm fehlt durchaus die geistvolle Originalität, erst recht das Exzentrische und Mystische Johann Gerhard Hasenkamps. Er ist ein nüchterner Westfale, verständig, trocken, pedantisch wie im Schuldienst auch in der Schriftstellerei dabei von tiefem Glaubensernst und charaktervoller Glaubensfestigkeit, ein Christ, der viel besaß und viel gab.

Bezeichnend für den Kämpfer gegen den Rationalismus sind die Titel seiner ersten Schriften: „Über die verdunkelnde Aufklärung“ (1189) – „Die Israeliten, die aufgeklärteste Nation   unter den ältesten Völkern in der Erkenntnis der Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes.“ (1790). Gegen die historische Kritik des Alten Testamentes, wie sie Professor Eichhorn in Göttingen vertrat, und die durch ihn angebahnte Verweltlichung der biblischen Wissenschaft schrieb er Briefe über Propheten und Weissagungen (1791-92). Mit Recht urteilt Professor Arnold (in seinem Artikel über die Brüder Hasenkamp in der Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Bd.VII, 1899), dass diese Schriften noch manches Unzulängliche und Unreife zeigen.

Viel bedeutender sind seine „Briefe über wichtige Wahrheiten der Religion“. Über sie urteilt Gottfried Menken in einem Briefe an den Verfasser: „Ihre Briefe über wichtige Wahrheiten der Religion haben mir zu meinem Unterrichte vortreffliche Dienste geleistet. Ich habe sie mehrmals gelesen, weil ich vie1es darin so deutlich gemacht fand, wie ich es nicht machen konnte“ (Gildemeister, Leben und Wirken des Dr. Gottfried Menken, Bremen, 1860, S.111).

Dagegen fand Menken kein Gefallen an Arnold Hasenkamps Flugschrift: „Wahrheiten für ein braves Volk. Allen preußischen Untertanen, den treuen Hessen und den edlen Bürgern der freien Reichsstadt Frankfurt gewidmet“ (1793). Menken schreibt darüber an seinen Freund Schlegtendal: „Es ist eigentlich eine Abhandlung über Röm.13, 1-7. Es soll fürs Volk sein, und darum ist es in einer fast widerlichen Deutlichkeit, ohne allen Sohmuck, ohne feinen Geschmack, in einem mir unangenehmen Styl geschrieben“ (Gildemeister, S.72)
 

Gerhard Hasenkamps Witwe Anna Elisabeth führt ihres Schwagers Haushalt

Als Gerhard Hasenkamp. am 27.6.1777 starb, ließ er die erst 30 Jahre alte Witwe Anna Elisabeth Hasenkamp [geb. Kriege] mit  ihren 3 kleinen Kindern Friedrich, Hermann und Friederike in großer Not zurück. Sie durfte augenscheinlich die Rektoratswohnung bis auf weiteres als Witwensitz behalten. Da war es für sie ein großes Glück, als nach einem Jahr ihr Schwager Arnold aus Orsoy zunächst, als Konrektor an das Duisburger Gymnasium berufen wurde und bei ihr einzog. Nun hatte der Haushalt wieder ein Haupt, die Familie einen Versorger.

Der Breslauer Kirchenhistoriker D. Franklin Arnold sohreibt (1999) in seinem Artikel über die Brüder Hasenkamp in der Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche: Arnold Hasenkamp wurde seines Bruders Gerhard „Amts/ und  Ehenachfolger,  indem er die Witwe zur Versorgung der Kinder heiratete“.

Augè, „Collenbusch und sein Freundeskreis“, Bd.I (1904), S.121 bemerkt, offenbar unter dem Einfluß jenes Artikels: „Zur Versorgung der Kinder heiratete er die Witwe seines Bruders. Nach einer anderen Überlieferung führte sie ihm nur den Haushalt. Menken spricht nur vom Rektor und seiner Schwägerin“. In seinem II. Bd. Hat Augè selbst sich berichtigt (s. 163) mit der Bemerkung: „Eine Ehe ist sie auf Anraten von Collenbusch nicht mit ihm eingegangen.“ Woher er von solchem Rat des Dr.Collenbusch weiß, sagt Augè nicht. In dieser Frage besteht nicht der geringste Zweifel. Arnold Hasenkamp hat seine Schwägerin nicht geheiratet. Er blieb allezeit ledig. Nicht nur Menkens Briefe beweisen das, sondern die gewisseste Erinnerung der Familie Smend, in deren Mitte Anna Elisabeth Hp. ja ihren Lebensabend bis zum Tode 1842 verbracht hat.

Die reichen Wohltaten, die Arnold Hasenkamp als Schüler und Student von 1761 bis 1773 in seines Bruders Hause durch die Schwägerin empfangen hatte, hat er ihr dankbar vergolten. In ihm gewannen die Kinder nicht nur ihren Ernährer, sondern auch einen charaktervollen Erzieher, der ihnen in ihres Vaters Geiste die „Wahrheit zur Gottseligkeit“ zeigte und vorlebte.

So bescheiden wir uns den Haushalt des armen Rektors denken müssen, so anregend das Leben. Das durch Gerhard Hasenkamp berühmt gewordene Rektorhaus am Duisburger Salvatorkirchplatz blieb ein Mittelpunkt der Frommen des niederrheinischen Gebietes. Allerlei Originale gingen hier aus und ein. Und fröhliche Jugend kam zu Hauf. Künftige Größen der Kirche saßen rings um den Tisch.


Mancherlei Kostgänger

Das miserable Gehalt des Schwagers nötigte die Rektorswitwe, in Fortführung einer schon zu ihres Mannes Zeiten ständig geübten Gewohnheit, Schüler und Studenten als Kostgänger ganz ins Haus oder als Mittagsgäste aufzunehmen. Aus den Jahren 1790-1795 wiesen wir, daß besonders von der Verwandtschaft und Freundschaft des Tecklenburger „Vaterlandes“, von den mit Anna Elisabeth versippten Familien Kriege und Smend und andern ihre Söhne, die das Gymnasium oder die Universität in Duisburg besuchen sollten, anvertraut wurden.

So wissen wir aus der Smendschen Familiengeschichte, daß von Ostern 1794 bis Ostern 1795 (in Arnold Hasenkamps letztem Lebensjahr) Florens Smend (später der Gatte von Friedrike Hasenkamp) zusammen mit einem Vetter Kriege und einem dritten Jungen aus Lengerich sowie einem Elberfelder Mitschüler der Hausgemeinschaft angehörten. Dazu studierten damals Anna Elisabeths eigene Söhne,  Friedrich Hasenkamp und Hermann Hasenkamp in ihrer Vaterstadt Theologie. Neben ihnen ging Gottfried Daniel Krummacher, ein Sohn des befreundeten Tecklenburger Advokaten (der spätere berühmte Elberfelder Prediger), als studiosus im Rektorat aus und ein.
 

Gottfried Menken als Gast des Hasenkamp Hauses und Schüler des Hasenkamp-Geistes
(vgl. Dr.C.H. Gildemeister, Leben und Wirken dee Dr. Gottfried Menken, 2 Bde., Bremen 1860. Augè, Collenbusch und sein Freundeskreis, 2.Bd ., 1907).

Der bedeutendste Gast, der in das Hasenkamp-Haus eintrat, war Gottfried Menken aus Bremen. Im Hasenkamp-Collenbusch-Kreis hat er die entscheidenden Einwirkungen für sein Leben und seine Theologie empfangen. Umgekehrt hat er, herangereift zu dem bedeutendsten „Biblizisten“ des 19. Jahrhunderte, dem Kreise der Ahnen weit mehr gegeben, als er von ihnen empfing.

Zunächst eine kurze Übersicht über sein Leben. Gottfried Menken wurde am 29. Mai 1768 als Sohn des Kaufmanns Gootje Menken zu Bremen geboren. Seine Mutter war die Tochter des Pastors Tiling in Oberneuland bei Bremen und eine Enkelin des bekannten Bremer Theologen und Kirchenlieddichters Dr. Friedrich Adolf Lampe. Das beste Erbe des Elternhauses war jene bibelfreudige Frömmigkeit, die für Bremen bis in unsere Zeit charakteristisch geblieben ist, eine aus der Bibel lebende originale Frömmigkeit, die den Rationalismus scharf ablehnt und sich ebenso gegen einen starren Orthodoxismus wie gegen einen engherzigen Pietismus abgrenzt. Menken hat sie wie kein anderer angeregt und vertieft.

Schon als Menken 1788 mit dem Studium der Theologie in Jena begann, war der Weg seiner Theologie ihm durch seinen auf die Bibel gegründeten Glauben vorgezeichnet. Inmitten des Jenenser Rationalismus sich in seinem Glauben ganz vereinsamt fühlend, flehte er Gott an: „Bist du, o Gott, und ist die Bibel dein Werk, so segne mein Forschen, daß ich deiner und deines Wortes gewiß werde.“ Seine Erkenntnis der Offenbarung Gottes in einer Heilsgeschichte, deren Mittelpunkt Christus ist, wurde entscheidend vertieft und erweitert durch seine Erlebnisse in Duisburg. Im Jahre 1190 bezog er die dortige Universität, deren theologische Fakultät abgesehen von dem Bremer Professor Dr. Berg keinen Stern aufwies. 1791 bestand er sein theologisches Examen mit Auszeichnung. Noch 2 weitere Jahre blieb er dort, seine Schrifttheologie ausprägend. Dann wurde er 1793 Hilfsprediger in Uedem bei Cleve, 1794-96 Hilfsprediger in Frankfurt a.M., 1796-1802 Pastor der reformierten Gemeinde in Wetzlar, seit Oktober 1802 in seiner Vaterstadt Bremen zunächst zweiter Prediger an St. Pauli, ab August 1811 Pastor primarius an St. Martini. Seine am 12. Mai 1806 geschlossene Ehe mit Marie Siebel aus Barmen wurde leider bald in Frieden getrennt, weil die Ehegatten wohl nicht füreinander paßten.

Schon 1825 wurde der oft Kränkelnde pensioniert. 1828 wurde er Dr. theol. ehrenhalber (von Dorpat aus). Er starb am 1. Juni 1831. Sein treuer Freund Christoph Hermann Gottfried Hasenkamp in Vegesack hielt ihm die Grabrede. Von der Geistesgemeinschaft der beiden Männer werden wir im Verlauf der Familiengeschichte mehr hören.

Wie lernte Menken den Hasenkamp-Kreis kennen? Im Juli 1790 predigte er in der Salvatorkirche zu Duisburg. Rektor Arnold Hasenkamp berichtet über sein erstes Auftreten: „Ein Fremdling daselbst, betrat er mit blassem Angesicht die Kanzel, und statt der erwarteten gewöhnlichen Studentenphrasen hörte man eine gläubige, inhaltreiche, gewaltige Predigt. Alsbald zog ein edler Kreis von Christen, die frei von steifer Anhänglichkeit an die neben der Bibel tradierte Lehre nichts als apostolische Wahrheit suchten, ihn in seine Mitte.“ (Gildemeister, S.~5)

Vor allem zog Arnold Hasenkamp selbst den Studenten in sein Haus. Er hat wohl nicht in der Rektorsklause gewohnt, aber Frau Anna Elisabeth Hasenkamp, für die Menken stets die größte Hochachtung fühlte, gab dem mit Geld sehr spärlich Versehenen ständigen Mittagstisch. Herzliche Verehrung brachte Menken dem Rektor Arnold und seinem Bruder, dem Pastor Heinrich Hasenkamp entgegen. Wie er durch den Rektor mit Dr. Samuel Collenbusch  bekannt wurde, so machte Arnold Hasenkamp. auch mit ihm im März 1793 eine Reise nach Düsseldorf zu dem Banker Friedrich Hoffmann, der ein überzeugter Anhänger von Collenbusch war. Wir Hasenkamps verdanken ihm den bekannten Kupferstich unseres  Ahnen Gerhard Hasenkamp vom Jahre 1805.

Schon damals war Arnold Hasenkamps Gesundheitszustand besorgniserregend. Menken schreibt in einem Freundesbrief: „Hasenkamp hat das Blutspeien wieder gehabt“. Als Menken im Herbst 1793 Hilfsprediger in Uedem wurde, bedrückte ihn eine Schuldenlast von 150 Talern, die er trotz aller Sparsamkeit in Duisburg sich häufen sah. Arnold Hasenkamp und der mit diesem befreundete Kaufmann Lucas befreiten ihn, ohne ihm vorher ein Wort davon zu sagen, von dieser Sorge durch Begleichung der Schuld.
 

Dr. Collenbusch tröstet den sterbenden Freund.
(Augè, 2.Bd., 5.23-25).

Wie sein Bruder Gerhard starb Arnold Hasenkamp an Lungentuberkulose. Im Frühjahr 1795 endete seine Erdenwallfahrt. Da schrieb Dr.med. Collenbusch am 9.Februar 1795 aus Barmen an den scheidenden Freund:

    „Mein lieber Herr Rektor! ‚Ihr seid besser als viele Sperlinge!’

    Sollte es wohl wahr sein, daß Hasenkamp besser wäre als viele Sperlinge? Wenn es wirklich wahr sein sollte, sollte er alsdann wohl auf Gottes Hilfe hoffen dürfen? Ja, ja! Ich halte es für gewiß, daß Hasenkamp auf Gottes Hilfe hoffen darf. Hoffen, wo nichts zu hoffen ist, das ist Gottesverehrung... Als ich anno 1776 das faule Fieber hatte und wegen Heftigkeit eines Flusses im Kopfe 24 Tage und Nächte ununterbrochen im Bett sitzen mußte, da kränkelte ich nachher noch 4 Jahre. Ich warf aber mein Vertrauen nicht weg...

    Ich habe mich vielmehr bestrebt, mich in dem Herrn zu freuen (Phil.4,4)...Dann mußte ich ausrufen: 0 Gott, was habe ich es gut vor vielen Millionen Menschen!,...Ich war kränklich und war in Furcht, ich möchte nicht lange leben, und gleichwohl urteilte ich, meine ärmlichen kränklichen Umstände sind für mich die allerbesten, die allernützlichsten.

    Sehen Sie, so war es mir möglich, daß ich mich im Herrn freuen konnte. Das Sorgen ist ein trauriges und schädliches Denken, das Danken ist ein fröhliches und nützliches Denken...Es gibt dreierlei Art der Wunderwerke nach dem ersten, andern und dritten Artikel unseres Glaubensbekenntnisses. Es geschehen noch königliche Wunder, so wie sie im 107. Psalm beschrieben sind. Es geschehen auch noch Wunder zur Verherrlichung des inwendigen Menschen, so wie sie II.Kor.3, 18 beschrieben sind (.. „Es spiegelt sich in uns allen des Herrn Klarheit..“).

    Aus dem Briefe des Herrn Neuhaus habe ich ersehen, daß Sie wünschen, diese Wunderwerke zu erfahren. Dieses Verlangen kann dem Herrn unmög1ich mißfallen. Ich verharre nach herzlicher Begrüßung zu sein Ihr Freund und Diener S. Collenbusch.

    N.S.  Ich weiß zu wenig von der Historie Ihrer Krankheit, als daß ich darüber ein medizinisches Urteil sollte fällen können. Das Geschwulst an den Füßen kommt mir unbedeutend vor. Die Frau Siebel sagte mir vorgestern, der Herr Rektor habe die Gewohnheit, auf dem Gymnasium viel stärker zu reden, als es nötig wäre. Diese Gewohnheit ist sehr schädlich. Sie können Ihr Leben dadurch verkürzen.“

Am 3.April 1795, einem Karfreitag ging Arnold Hasenkamp heim.


Wie Gottfried Menken Arnold Hasenkamps Tod empfunden hat.
(Gildemeister I, 136-138).

Als Menken im Februar 1795 in Frankfurt erfuhr, daß Rektor Hasenkamp bedenklich erkrankt sei, schrieb er am 17.11. an seinen Freund Wülfing: „Die Nachricht von unserm teuersten Hasenkamp, den ich so von ganzem Herzen lieb habe, betrübte mich sehr. Ich wußte zwar schon seit Anfang dieses Jahres von ihm selbst, daß er krank sei, aber daß es so schlimm ist, wußte ich nicht. 0 daß diese Krankheit nicht wäre zum Tode, sondern zur Ehre Gottes, daß der Sohn Gottes, unser Herr Jesus Christus, dadurch verherrlicht würde! Des Salzes der Erde wird immer weniger. Die Guten werden hinweg genommen, und wir bleiben unter dem Auswurf zurück.“

An seinen Freund Schlegtendal schrieb Menken um dieselbe Zeit, „Wir wollen Gott danken, wenn er uns diesen Geliebten läßt. Die Welt achtet’s nicht; sie weiß nicht, was sie an einem solchen Menschen verliert. Wir aber wissen’s und müßton uns also schon in dieser allgemeinen Rücksicht für das Leben eines solchen Menschen mit ganzer Seele interessieren, wie viel mehr, wenn er uns lieb und teuer ist!“

Als Hasenkamp dann am Karfreitag erlöst war, schrieb Menken an Schlegtendal: „Ich freue mich, daß er daheim ist, wo er hin verlangte, wo er hingehörte, wo ihm unaussprechlich wohl sein wird. Daß ich ihn innigst geliebt habe, das fühle ich jetzt mehr als je.“

An Hoffmann in Düsseldorf schreibt Menken: „Sie haben von unserm lieben, seligen Hasenkamp auf freudiges Wiedersehn Abschied genommen. 0 wie gern hätte ich das auch getan, wie unaussprechlich gern hätte ich ihn noch einmal gesehen! ...Indes, ich habe seinen Segen, seine Verheißung und die letzte Versicherung seiner Liebe durch meinen Freund Schlegtendal wahr und treu erha1ten - ein unbezahlbares, köstliches Vermächtnis. Wir können uns freuen, dass wir einen solchen Freund im Himmel haben.“

An die Frau Rektorin, Gerhard Hasenkamps Witwe, die nach dem Gatten nun auch seinen Bruder als das Haupt der Familie verloren hatte und zu derselben Zeit durch andere schwere häusliche Leiden niedergebeugt wurde, richtete Menken einen Brief voll inniger Tei1nahme: „Meine liebe Frau Rektorin, wir können Sie nicht trösten, aber der Gott alles Trostes, der Vater der Barmherzigkeit, der kann eie trösten, und der will und wird sie auch trösten. Ihre Freunde, die mit Ihnen leiden, können nichts tun, als sich mit Ihnen an unsern getreuen Gott und Vater...in Glauben und Gebet festhalten. An diesen halten Sie sich doch recht fest. Sie werden wahrhaftig nicht zuschanden werden.“

[Quelle: Hasenkamp Chronik, Durchschlag eines maschinenschriftlichen Skriptes, - Quelle: Siegfried Torhorst, 2008]

 

Hinweise in Lexikon westfälischer Autoren 1750 bis 1950:

Selbständige Veröffentlichungen: Freundliche Bitten an Väter und Mütter, welche ihre Kinder
auf unser Gymnasium schicken. Duisburg 1780. 8 Bl. (UB Köln) – Ueber die verdunkelte Aufklärung. Nürnberg: Raw 1789 – Die Israeliten, die aufgeklärteste Nation der Erkentniss der Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes. Frankfurt/M., Nürnberg: Raw 1790 – Zwey Briefe über Herrn Kants Grundprinzip der Moral auf Veranlassung der Tilemannschen Critik der Unsterblichkeitsidee [...]. Berlin, Frankfurt/O.: Kunze [1791]. 45S. [mit Philipp Ludwig Muzel] (ULB Münster) – Ueber Kant's Moralprincip. Duisburg 1791 – Briefe über Propheten und Weissagungen [...]. Duisburg 1791f. – Wahrheiten für ein braves Volk. Eine Einladungsschrift. Nürnberg: Raw 1793 – Briefe über wichtige Wahrheiten der Religion. 2 Bde. Duisburg, Essen: Bädeker 1794.
Erwähnungen in: J.H. Knoll: Johann Gottfried Christian Nonne. Ein Beitrag zur niederrheinischen Schulgeschichte am Beginn des 19. Jahrhunderts. München 1971 (=Duisburger Forschungen, Beih. 14), S. 21f., 23, 35.
Nachschlagewerke: Hamberger/Meusel, 5. Aufl., Bd. 5, 1805 – ADB, Bd. 10, 1879 – RE, 3. Aufl., Bd. 7, 1899, S. 463 – NDB, Bd. 8, 1969 – Killy, Bd. 5, 1990 – Dt. Biogr. Archiv, Fiche 487, Sp. 337.

[Quelle: lwl.org/literaturkommission/  Version 27.9.2009]