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ZeitLebensZeiten
Version 02.00.5
© ZeitLebensZeiten
2007 ff.
 

Römer

Die aus Archiven bekannte Geschichte der Familie Römer beginnt mit

RÖMER Christian-1235 wurde 1786 in Aspisheim /Kurpfalz geboren. [Quelle: D. Weinreich, Stadtarchiv Schwelm, 9.2.2008]
Christian hatte (u.a.?) die folgenden Kinder.

RÖMER Philipp Wilhelm-1176 Das Geburtsdatum ist unbekannt.

Philipp heiratete KAPP Maria Sophia-1233 Tochter von KAPP Philip-1234, der aus Udenheim in der Kurpfalz nach Westfalen gekommen war, am 06. Mai 1786 in Barmen (Reformierte Gemeinde). Maria wurde 1756 geboren.

Philipp Römer war "gewesener Ältester der reformierten Gemeinde".[Quelle: Dokumente des Landeskirchenarchivs Bielefeld 2007.].


Der Schwelmer Bürger

Römer  war zunächst als Schuster tätig, was einige Dokumente aus den Jahren 1791 und 1792 belegen. So das Protokoll der Sitzung zur Verleihung des Bürgerrechts:

Schwelm, den 29. Oct. 1791
Praesentes Consul Wever, Camer(arius) Secret. Grundschöttel, Senator Beckmann, Senator Hassley hat sich entschuldigen lassen.
Erschienen auf erlassene Citation
1. Henrich Wilhelm Schulte, ein Kramer aus Ekel
2. Peter Caspar·Kleine Kotthaus, ein Schreiner vom Gevelsberge
3. Johann Gottlieb Kemna, ein Buchbinder aus Dantzig
4. Philip Wilhelm Römer, ein Schuhmacher aus der Pfalz
5. Johann Peter Prümer, ein Färber aus Schwelm,
6. Caspar Wilhelm Tielmann, ein Siamosenweber aus Schwelm,
7. Johann Diedrich Kerte, ein Krämer aus Schwelm,
8. Caspar Krause, ein Bergmann aus Hessen,
9. Christoph Kampmann, ein Blechschläger aus Schwalm,
10.Friedrich Brause, ein Wollkämmer aus Schwelm
11.Peter Küper, ein Musicant aus Schwelm. 
und nachdem denselben bedeutet worden, daß sie nach Vorschrift der allergnädigsten Verordnung die Bürgerschaft gewinnen, mithin den vorgeschriebenen Eyd, wovon ihnen die Formel deutlich vorgelesen und erkläret worden, ausschwören müßten, so hat auch ein jeder der

Schwören musste Philipp Wilhelm Römer am 29. Oktober 1791 den folgenden Eid vor dem Rat der Stadt Schwelm leisten:

„Ich, Philipp Wilhelm Römer, schwöre zu Gott dem Allmächtigen und Allwissenden einen leiblichen Eid, dass ich Seiner Nachttheil, so viel als mir möglich ist, abkehren, nicht weniger den Magistrat, als die mir vorgesetzte Obrigkeit, pünktlichen Gehorsam leisten, und überhaupt mich in allen Stücken so betragen will, wie es einem rechtschaffenen Bürger der Stadt Schwelm wohl anstehet und gebühret. So wahr mir Gott helfe, durch seinen Sohn Jesum Christum unsern Erlöser zur Seligkeit.“

Dafür wurde Römer dann „auch nunmehro als ein Bürger hiesiger Stadt auf- und an mithin Nahmens Allerhöchst gedachter Seiner Königlichen Majestät in Bürger-Schutz genommen worden“.

Der Streit um Schuhe

Ein Jahr später gab es gewaltigen Streit mit der Obrigkeit. Die Schuster lieferten nicht die geforderten Commiss- (Militär-)schuhe. Offenbar ließen sich die Herren Bürger nicht alles gefallen., wie die nachfolgenden Dokumente aus der Zeit vom 15. bis 23. November 1792 zeigen. Das war eine unruhige Woche:

„Denen Schusters Jacob Walberg und Consorten wird vorläufig und zwar jedem bey 1 Reichstaler Strafe befohlen, mit Beyseitesetzung aller andern die Arbeit der Commiss-Schuh(e) angesichts dieses vorzunehmen und die fertigen, mit Einklebung eines Zettuls am künftigen Sonnabend nachmittages Clock 4 Uhr an den Herrn Rathmann Beckmann abzuliefern für den Preis von 1 Reichstaler 4 gute Groschen Berliner Cour(ant) pr(o) Paar.  Der Rathsdiener soll den Einhalt so fort jedem Meister bekannt machen, und davon hierunter referiren.

Schwelm, den 15. Nov. 1792 P.Wever, Grundschöttel, Hasseley, Beckmann 19 Adressaten (2. Philipp Römer)“

„Wegen der anzufertigenden Commis Schuhe
Schwelm, den
17. Nov. 1792
Da die hiesigen Schuster mit der Vertheilung der schleunigst anzufertigenden Commis Schuhe nicht zu Stande gekommen, so haben unterschriebene Deputati anliegende Liste entworfen, in welchem jeden Schuster das Quantum der wächentlich anzufertigenden Pssr Schuhe angesezet. Sie tragen darauf an, daß hierauf eine schleunige Verfüügung zu erlassen und den Schustern aufzugeben, in der künftigen Woche das Duplum dieses Ansazes abzuliefern. Actum ut supra .Beckmann
Resolutio. Da sich das Schuster-Gewerck wegen Lieferung der Commiss Schuh nicht vereinigen können, oder wollen, so ist vom Magistrat festgesetzt, daß am künftigen Sonnabend, den 17ten dieses, nachmittags glock 4 Uhr, für 2 Wochen, bey Strafe der Execution lieferen sollen.1 Jacob Walberg 8 Paar2. Philip Römer 8 3.Fried. Beilwitz 4  4.Christ. Hammel 4“ 

Wegen der anzufertigendenCommis Schuhe
Schwelm, den
19. Novbr. 1792
Erschien der Schustermeister Römer, und that folgende Anzeige:
Es wäre ihm wie bekannt, aufgegeben in dieser Woche acht Paar Commis Schuhe zu liefern; um dieses bewerkstelligen zu können, habe er am Sonnabend, den 17ten den Anfang gemacht, und habe das Leder zu sämtlichen acht Paar Schuhen bereits zugeschnitten. Da aber gestern die Verfertigung der Schuhe untersaget, so würde ihm das Leder, was er zu jenen Schuhen aptiret (=hergerichtet) unnü(t)z sein. Er müßte dahero darauf antragen, daß ihm solches bezahlet werden mögte, und liquidirte dafür, weil er das Leder nicht zu anderen Schuhen emploiren könnte, zwei Reichstaler gangbar Geld, mit der Bitte, das Nötige solcherhalb vorzustellen.  Actum ut supra (=Eeschehen - verhandelt - wie oben)
Beckmann Philip Römer

Resolutio. Würde der Römer Morgen den 20sten dieses, vormittags bey dem Herrn Deputati Beckmann an Eydesst&tt ad prot. versicheren, dass er nach dem bekannt gemachten Befehl vom 15ten die 8 Paar Schuh geschnitted, und weilen die Lieferung am 18ten untersaget worden, zwey Reichstaler und nicht weniger wegen des Zuschnitts Schaden gelitten habe, so soll um eine Resolution bei dem Herrn Kr.[iegs] u[nd] Dom[änen] Rath Wülfingh angehalten werden, welches der Rathsdiener dem Römer bekant zu machen hat. Schwelm, den 19. Nov. 1792
P. Wever H.E. Grundschöttel Schwelm, den 20. Novbr 1792

Nachdem dem Roemer von dem Inhalt der Verfügung vom gestrigen Dato Nachricht gegeben; so producirte er zum Beweis seiner Angabe das würklich geschnittene Leder, und zwar das Oberleder von 7 Paar und die Hinterstücke von 8 Paar. Er zeigte ferner an, daß, weil er die Hinterstücke, wegen ihrer besonderen Form, zu anderen Schuhen, ohne Schaden nicht gebrauchen könnte, er an Eidesstatt versicherte, daß er würcklich 2 Reichstaler Schaden daran leiden müßte. Im übrigen wäre er erbötig, im Fall ihm dieser Schaden nicht ersetzet werden sollte, dieses sämtlich zugeschnittene Leder, nemlich das Oberleder und die Hinterteile für 4 Reichstaler gemein Geld zu überlassen, oder aber die acht Paar Schuhe für den bestimmten Preis der 1 Reichsta1er 4 Groschen Berliner Courant pro Paar anzufertigen.
Nach geschehener Vorlesung und Genehmigung hat Comparent dieses Protocoll unterschrieben. ut supra Beckmann Philip Römer

Schließlich gab es dann doch noch ein Ergebnis und der (erzwungene) Friede zur Lieferung der Commiss-Schuhe wurde gefertigt und unterzeichnet:

Wegen der anzufertigenden Commis Schuhe
Schwelm, den
23ten Novbr. 1792

In dem heutigen Termino wegen Vernehmung der hiesigen Schuster, ob sie die erforderliche Commis Scruhe für 1 Reichstaler 2 Groschen Berliner Courant, oder für 1 Reichstaler 18 Stüber gangbar Geld, liefern wollen, referirte zuförderst der Rathsdiener Krauss, daß er sämtliche Schuster citiret. Es sistirten (=stellten) sich hierauf
der Schuster Römer, 2. Johan Fedler, 3. Billstäcker, 4. Hubert, 5.Pet.Teim, 6. Joh.v.Alt, 8. ChI’. Ramel, 9. Fr. Beulwitz, 10.P.C. Quiting, 10. C. Quitirrg, 11. C.D. Boy, 12. Witv;e Bogle, 13. Pet. Mürer, 14. Walberg
und wie ihnen der Inhalt der Verfügung bekannt gemacht, und sie befragt worden, ob sie die Commisschuhe, in der ihnen bekanntgemachten Form, und von erforderlicher Güte, für den näher festgesezten Preis von 1 Reichstaler 2 Groschen Berliner Courant anfertigen wollten?
So erklärte  1. der Römer für diesen Preis wöchentlich 6 Paar
[ es folgen 13 weitere Namen]abzuliefern. Die übrigen Schuster haben sich nicht sistiret.
Hiernächst ist den erschienenen noch bekannt gemacht, daß die Schuhe wöchentlich abgeliefert werden müßten. Worauf sie dann noch erinnerten, daß, da sie nicht jede Woche gleich viel Schuhe, wegen ihrer sonstigen Arbeit, anfertigen könrten, sie lieber monatlich das Vierfache Quantum abliefern wollten. Nach geschehener Vorlesung und Genehmigung ist dieses protocoll unterschrieben worden. Actumut supra .
H Beckmann
Unterschriften (1. Philipp Römer) [Quelle: Stadtarchiv Schwelm 2008]
 

Hauskrach

Allzu arm dürfte Philipp Römer nicht gewesen sein. Am 14. Januar 1797 kaufte er von den Erben Wylich für 700 Taler das Haus mit der Parzellennummer 120. Sechs Monate später, am 12. Juli 1797, hat das Reformierte Konsistorium dem Philipp Römer 290 Taler geliehen. Die Urkunden sind erhalten im Hypothekenprotokollbuch des Hochgerichtes Schwelm, im Band 40, Fol. 48 und 521 im Staatsarchiv Münster.
Sein Haus stand unmittelbar an der Synagoge und in unmittelbarer Nähe der Lutherischen und der Reformierten Kirche  von Schwelm, der er angehörte. Es war eine sehr zentrale Lage, die auch etwas sagt über die Bedeutung des Philipp Wilhelm Römer für die Stadt Schwelm und ihre Geschichte um die Jahrhundertwende, selbst wenn Details nur mühsam recherchierbar sind.

Aber auch hier, in seinem Haus am Kirchhof gab es allerlei Ungemach. Der Nachbar, ein Chirurg Jäger beschwerte sich massiv über eine zu nahe Bebauung. Eine typisch deutsche Geschichte, die in Dokumenten vorliegt.

Schwelm, den 10ten May 1798
Der Herr Chirurgus Jaeger erscheinet und bringt nachfolgende Beschwerde an: Des Beklagten (Schuster Römer) Haus sey so nahe an sein des Klägers Haus gebauet, daß die geringste Erschütterung des ersteren einen Einfluß auf sein Comparentis (des Erschienen) Wohnung habe.  Der Beklagte gehe gegenwärtig damit um, sein Haus zu repariren, und solches dergestalt herüber nach sein, Comparentis, Haus zu treiben, daß bereits die nachteiligste Merkmale an seinem Haus bemerkt werden konnten, indem solches im innaren ebenfalls sich hineindrücke. und solchergestalt aus seiner Lage gebracht würde.
Da nun Bausachen vor den Magistrat gehörten und seine Absicht dahin gehe, daß dem Römer Maaßgaben gegeben würden, wonach er seinen vorhabenden Bau einrichte; so trage er darauf an, den Rau des Römer in Augenschein zu nehmen und inmittelst demselben alles Fortarbeiten unter einer Strafe von 20 Reichstaler zu untersagen.J. Jäger Hülsenbeck
Der vorstehende Antrag wird dem Römer abschriftljch communiciret und demselben aufgegeben, morgen vormittag um 9 Uhr bey dem Herrn Secret(arius) Voigt sich darüber gehörig an Ort und Stelle vernehmen zu lassen, mit der Warnung, daß im Ausbleibungsfall des Nötige ex officio werde verfügt werden. ZugIeich wird dem Römer und denen Arbeitsleuten bey 20 Reichstaler Strafe aufgegeben, den in Rede seyenden Bau bis nach angenommenen Augenschein einzustellen, und soll sodann das nötige weitere in der Sache erlasßen werden.
Schwelm, den 10ten May 1798 B.(ürgermeister) und Rath Hülsenbeck

ad Causam des Römerschen Hausbaues
Schwelm, den
12.May 1798

Nachdem auf heute zur Einnehmung eines Augenscheins der Termin angesezt und hierzu sowohl der Römer als die Sachwerständige Herr Baumeister und Wasserbaudeputirter Siepmann, Zimmermeister Drux und Stadtsmauermeister Christian Werth verabladet worden, so hat sich der Bürgermeister Hülsenbeck nebst dem in Abwesenheit des Herrn Stadts Secretari Vogt hiebey adhibirten Protocoll Führer, Schreibmeister Weber und den vorbemelten Sachverständigen an Ort und Stelle gegeben, und zuförderst in Gegenwart gedachter Personen folgende Beschreibung der örtlichen Liegenheit aufgenommen

  • liegt das Römersche Haus zwischen der Behausung des Herrn Jägers und der Erben Wylichs.
  • Hat der Römer nach der Seite der Erben Wylichs eine Dach-Rinne, welche den Ausguß nach der öffentlichen Straße hat, angelegt, und zu dem Ende eine Aussetzung von Pfösten, die ungefehr 2 Fuß nach der Straße erstrecken, bewerkstellen lassen.
  • War an dieser Ekke des Hauses oder das unterste Stockwerk ungefehr 1 Fuß nach der Seite des Herrn Jägers gewichen und ragte das dritte Dachwerk des Römerschen Hauses von der Spitze des Dachs bis auf den Giebel-Falken, welcher bereits überall aus seinen Anker gewichen, war ungefehr 2 Fuß herüber nach dem Wylichschen Hause.
  • Hatte der Römer in der unten bei der Erde liegenden Stube einen Unterschlag weggenommen und statt desselben einen Tragbalken quer durch das Haus legen lassen, welcher ungefehr 8 Zoll zu lang war und dadurch den Druck im untersten Stockwerk nach der Jägerschen Behausung bewürkte und die augenscheinliche Gefahr vergrößerte, dass die nach dem Wylichschen Hause herausragende Spitze bei dem ersten Windstrurme eingestürzt und dadurch eine Gefahr für das Publicum bei dem ganz nahe an der öffentlichen Straße stehenden Hause nicht blos -ermuthen, sondern mit Gewißheit voraussehen ließe.
  • Nach dem Gutachten der hinzugezogenen Sachverständigen wäre es zurV orbeugung einer nahen Gefahr nothwendig, daß der im untersten Stockwerk erfindliche Tragbalken um 8 Zoll verkürzet, sämtliche Pföste des gedachten Stockwerks gehörig gerichtet und dergestalt 1othrecht gesezt würde, daß der Drang nach dem Jägerschen Hause wegfiele und dadurch bewürkt werde, daß das oberste Dachwerk sein Herüberhangedes nach dem Wylichschen Hause verlöhre. Der immittelst nach eingenommenem Augenschein eingefundene Römer erklärte gegen die Unterschriebenen, daß er der Meinung sey, daß die gegenwärtige Sache nicht zur Cognition des Magistrats gehöre, er sich daher an dessen etwaige Operation nicht kehre und er sich deshalb auf die Sache bey dem Unterschriebenen nicht einlassen würde.

Schließlich wurde von denen hinzugezogenen Sachverständigen noch in Bemerkung gebracht, daß der Schornstein des Römersehen Hauses an mehreren Stellen desselben zwischen Pfösten, besonders aber oben unterm Dach zwischen einer sogenannten Wärme und Pfosten liege.  Hierauf ist das Protocoll geschlossen, vorgelesen, genehmiget und unterschrieben. A .u.s.
Vor dem Ahschluß des Protocolls erklärte sich der immittelst eingefundene Herr Chirurgus Jäger, daß er im Fall wenn die gemeinschaftliche Wand zwischen dem Römersehen und sein Comparentis Hause etwa dazu etwas beitrage, daß das unterste Stockwery wiederum in seine gehörige Lage gebracht und dadurch der Gefahr des Einsturzes der Spitze des Dachwerks vorgebeugt werden könnte, er aus nachbarlicher Liebe nicht abgeneigt sey, auf gemeinschaftliche Kosten solches bewerkstelligen zu lassen, und erklärten die Sachverständigen hierbei, daß dieses nicht nur nothwendig, sondern auch zum eigenen Vorteil des Römersehen Hauses gereichen würde.

Auch dieser Nachtrag wurde vorgelesen, genehmiget und unterschrieben.A.u.s. Hülsenbeck, C.A. Weber, Prot.Führer, Peter Wilhelm Siepmann, Johannes Christ. Drücks, Christian Wierth, J. Jäger“ [Quelle: Stadtarchiv Schwelm]

Die Hausfrage war also geklärt. Es gab nun wohl ein paar ruhigere Jahre, zumindest was aktenkundliche Händel angeht. Erst im Jahre 1806 sind wieder Akten auffindbar gewesen, die im Zusammenhang mit offenbar neuen Aktivitäten des Phlipp Römer zu tun hatten.
 

Die Weinsteuer

Römer wird jetzt nicht mehr als Schuhmacher bezeichnet, sondern als Winkelier. „Winkelier“ bedeutet im Holländischen Handelsmann, Geschäftsmann. Als solcher hatte Philipp Wilhelm Römer im Jahre 1806 offenbar Wein eingeführt und nicht (!) versteuert.  Der Vorgang in der Übertragung in die heutige Sprache:

D e c r e t u m
in Sachen des Fisci und der Accise-Casse zu Schwelm wider den Winkelier Philipp Roemer betreffend die unversteuerte Einbringung eines Ankers Wein. Bey der Einführung des General Fixi zu Schwelm ist unterm 6. Mertz 1794 festgesetzt, daß alle diejenigen Consumenten, welche nicht zum Getränk angesetzt worden, verbunden sein sollen, im Fall sie demohnerachtet Getränk kommen lassen, solches tarifmäßig bey der Casse zu versteuern hätten, widrigenfalls sie als Defraudanten angesehen und behandelt werden sollen.
Da der Roemer den angezeigten Anker Wein öffentlich hereingebracht hat, so kann man zwar wohl nicht vermuthen, daß er die Absicht zu defraudiren gehabt habe, indessen wußte er doch wohl, daß er nicht mit zu den Wein-Consumenten gehöre, und es mußte ihm ein Zweifel entstehen, ob er den Wein frey oder versteuert consumiren könne, um so mehr, da die Regel, daß alle Consumtibilien und besonders der Wein versteuert werden müssen, ihm bekannt seyn mußte, da sie ein gedrucktes und allgemein publicirtes Gesetz enthält, dessen Unbekanntschaft nicht vermuthet werden kann. Es hat der Roemer also ein grobe Nachlässigkeit sich zu Schulden kommen lassen, wofür er eine etraordinaire Strafe wohl verdienet hat. Diese wird für diesmal nur zu 5 Reichstaler festgesetzt, welche er nebst denen hierunter verzeichneten Kosten an die Accise Casse mit der einfachen Versteuerung des Weins binnen 4 Wochen abzuführen hat. Sollte der P. Roemer sich indessen, ohnerachtet der Gebindigkeit dieser Verfügung dennoch beschwert glauben, so muß er binnen 14 Tagen dies der Accise-Casse anzeigen und seine Gründe auseinander setzen. da denn die Akten der bochlöblichen Cammer vorgelegt werden sollen. Die Königliche Accise-Casse hat sich hiernach zu richten, und im Fall der Beruhigung einen Vertheilungsplan der Strafe vorzulegen und die Kosten anhero zu bErichtjeen.Hagen, den 13. Januar 1806, Eversmann, An die Königliche Accise-Casse in Schwelm
 

Schummeln mit Gewichten?

Im November 1806 gab es für Philipp Römer erneut Ärger. Er hatte mit Gewichtsteinen geschummelt – bewusst oder unbewusst.

Schwelm, den 12. November 1806
Der Winkelier Phillipp Römer verantwortete sich wegen des bey ihm befundenen zu leichten Gewichtes folgendermaßen:
Er könne und wole zwarn die Richtigkeit des bey der geschehenen Visitation bey ihm befundenen Mangels an den beiden Gewichtsteinen nicht verabreden, versichere indessen, daß er davon nicht das Geringste gewußt habe, und zweifelt daher auch nicht, daß er mit aller Strafe diesmahl übersehen werde.Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben Phillipp Römer

An den Winkelier Phillipp Römer
Da jeder Einwohner und Nahrungstreibende in den Geschäften des bürgerlichen Lebens die nöthige Aufmerksamkeit besonders in Sachen anwenden muß, die das Publicum betreffen, so kann auch die Entschuldigung, des Winkeliers Phillipp Römer in Absicht des an dem bey der Visitation betroffenen 2 und 1 Pfund befundenen Mangels von resp(ective) 7/3 und ½ Loth mit der Unwissenheit ihn nicht der Strafe entbinden.  In Betracht des Differents wird derselbe jedoch nur in eine Polizeystrafe von 1 Reichstaler zur Kämmerey genommen und ihm deren Bezahlung mit 20 Stüber .... Gebühren cum termino an 10 Tagen aufgegeben.
Schwelm, den 22. Nov. 1806 Voigt. Braselmann, Bredt Ballauff, vom Schee, Hölterhoff, Berninghaus
 

Philipp Römer als Besitzer von Bergwerksanteilen

Philipp Römer war ein offensichtlich unternehmungslustiger Mann, der sich auch finanziell beteiligen wollte. Überliefert ist ein Vertrag vom 31. März 1822, mit dem er sich an einem Bergwerk in Herzkamp nahe Sprochhövel (bei  Schwelm) beteiligte. In der Untersuchung von Joachim Huske (Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier, Daten und Fakten von den Anfängen bis 1986, Bochum 198) gibt es weiterführende Informationen zu der Herzkamper Grube. Danach war diese Grube  seit 1774 im Erbrecht bei den Familien, die im Kaufvertrag oben genannt wurden. Die wesentlichen Ausschnitte aus dem Vertrag

„Actum Moellenkotten den 31. Maerz 1822
Vor dem unterschriebenen J.C. und Notar u. den vollgültigen Instruments Zeugen
1. Eigentümer Caspar Heinrich Hackert in Möllenkotten
2. Sägenschmied Caspar Schmidt am Kruin
erschienen persönlich u. wohlbekannt
1. die Eheleute Landwirth Johann Caspar Leckebusch u. Maria
Catharina Stock am Windhövel und
2. der Bürger und Winkelier Philip Roemer in Schwelm
und erklärten behufs förmlicher Ausfertigung, folgenden Kauf-Contract zu Protocoll:

Erstens. Die Eheleute Johann Caspar Leckebusch und Maria Catharina geborene Stock verkaufen hierdurch 274/525 Zweihundertvierundsiebenzig, Fünfhundertfünfundzwanzigstel Kux-Theil an den gesamten Sieper und Mühler Steinkohlen-Gruben beim Herzkampe, kein Theil und Zubehör davon ausgeschlossen, mit Gerechtigkeiten und Lasten, an den Philip Römer zu dessen wahrem und völligen Eigenthum.

Zweitens. Der Kaufpreis von diesem Kuxtheile ist auf 275, geschrieben Zweihundert fünf und siebenzig Reichsthaler gemein grob Courant vereinigt und festgesetzt, wovon der Käufer Philip Römer im Monat May dieses Jahrs abschläglich 75 Rthlr. und die übrig bleibenden 200 Rthlr. Martini laufenden Jahres, und zwar überall ohne Zinsen bis dahin, bezahlt.

Drittens. Da die Ueberlieferung des verkauften Kux’ Theiles schon geschehen ist, so tritt der Käufer auch von heute an in den Genuß der davon fallenden Ausbeute. 

Viertens. Sind die Eheleute Johann Caspar Leckebusch verpflichtet, diesen verkauften Kuxtheil von Schulden und Hypotheken zu befreien, mit welchen derselbe behaftet seyn könnte, und machen sich dieselben auch verbindlich, die Berichtigung des Besitz-Titels im Berg gegen Buche für ihren Käufer Philip Römer zu besorgen ...

Nicht minder versprechen Verkäufer auch für die angegebene Größe, unter Verband ihres gesammten Vermögens, die vollständige Gewähr, und bemerken, daß er, der Ehemann Johann Caspar Leckebusch mit seiner ersten Ehefrau Anna Catbarina von der Mühlen von den schwiegereIterlichen, Johann Caspar von der Mühlen in den Erlen, 3 2/5 Kuxen ein Fünftheil durch die Gütergemeinschaft zur Hälfte aquirirt habe, und seine jetzige Ehefrau Maria Catharina Stock von ihrer verlebten Eltern Johann Peter Stock in den obersten Aeckern oder Stocksbusch 3 2/45 kuxen ein Siebentheil, und zwar aus der aufgelösten Gutergemeinschaft mit ihrem ersten Ehemann Johann Friedrich Bente annoch zur Hälfte, mit ihm in der gegenwärtigen Ehe besitze, welche beide Antheile zusammen genommen die gegenwärtig verkauften 274/525 Kuxen ausmachten, wobei es keine Aenderung mache, daß die Schwiegermutter Witwe Johann Caspar von den Mühlen, nach seiner ersten Ehefrau, der Anna Catharina von der Mühlen T;ode, gestorben sey, weil durch das spätere Absterbenseines Sohnes Johannes Caspar Leckebusch die vorgedachte Hälfte wieder durch Erbgangs Recht completirt worden. [Quelle: Staatsarchiv Münster – Übertragung: D. Weinreich, Stadtarchiv Schwelm]

Der große Brand von Schwelm  1827 hatte zwar das Römersche Haus nicht zerstört, aber auch Philipp Römer musste – wie Witwe Schulte (s.u.) – im Jahre 1836 sein Haus versichern. Glaube aber keiner, mit der Feuerversicherung und den damit zusammenhängenden Fragen seien für Phillipp Wilhelm Römer alle Fragen geklärt, die man in einem Leben haben kann. Im Gegenteil.
 

Eine illegale Schankwirtschaft?

Aus Dokumenten des Jahres 1829 erfahren wir, dass er inzwischen eine Schankwirtschaft betrieben hatte, nun aber offenbar erzogen war. Darf er denn dann überhaupt noch eine Wirtschaft betreiben? Die Obrigkeit machte sich Sorgen. Nachfolgend Dokumente deutscher Verwaltung.

Schwelm, den 21. Sept. 1829An den Herrn L(and) R(at) Gerstein
Den Gewerbbetrieb des Philipp Römer betreffen
Der Philipp Römer betrieb bisher in seinem hier in der Ostenstadt belegenen Hause Schenkwirth-schaft, ist aber seit einiger Zeit in der Bauerschaft Schwelm wohnhaft und betreibt seitdem die Wirthschaft nicht mehr..Demohngeachtet will der Philipp Römer die Wirthschaft beybehalten und erklärt dafür den Mittelsatz der Gewerbsteuer ferner entrichten zu wollen. Ob dieses zulässig ist, darüber bitte ich mir von Ew. Wohlgeboren nähere Verfügung aus.

Die Antwort ließ nicht sehr lange auf sich warten. Sie sei wegen ihrer geradezu akrobatischen Argumentionsweise im Original und in der Übertragung ausführlich wiedergegeben.

Hagen, den 2. Okt.1829
An den Herrn Eürgermeister zu Schwelm
Nach den bestehenden gewerbepolizeilichen Vorschriften wird
1.die Frage: ob der Betrieb einer Schenkvirthschaft polizeilich zulässig sey ? zunächst durch die Örtlichkeit bedingt, weil die Erlaubniß zum Anfang einer neuen Schenkwirthschaft nur da ertheilt werden soll, wo  das Bedürfnis des Publikums solches erheischt. Es kommt aber dabei
2. auf die Persönlichkeit dessen an. der die Wirthschaft betreiben will, indem die polizeiliche Erlaubnis nur solchen Personen ertheilt werden scll, die in gutem Rufe stehen.
3. soll auch da, wo zu viele Schenkwirthschaften bereits existiren, auf d0ren Verhinderung hingewirkt, und deren Zahl auf jenes Bedürfnis des Publikums reduzirt werden, falls Schenkwirthe ihr Gewerb von freien Stücken niederlegen.
Wenn nun, wie Ihre Anfrage vom 21. v.M. besagt, der
Philipp Römer, welcher seither in dortiger Osten Stadt Schenkwirthschaft betrieben hat, in die Bauerschaft Schwelm verzogen ist, und durch Fortzahlung des Mittelsatzes der Gewerbsteuer die polizeiliche ErlaubniS zur Schenywirthschaft konserviren will, so geht dies nicht an, weil es hierbei auf Umstände ankommt, worüber noch zur Zeit Ungewißheit obwaltet, denn
ad 1 konstirt nicht wo derselbe die Schenkwirthschaft von neuem beginnen will, indem vielleicht schon ein Ueberflu5s von Schenkstätten vorhsanden ist ? 
ad 2 liegt es ebenfalls in Reiche der Möglichkeit, daß Römer seine bisherige persönliche Qualifikation zu diesem Gewerbe verlöre, und endlich
ad 3. würde solchenfalls auch der den Polizeibehörden vorgezeichnete Zweck, die Verminderung der Schenkstätten, vereitelt werden.
Dem Römer kann sonach die polizeiliche Erlaubniß zum Wiederanfang der Schenkwirthschaft auch dann nicht garantirt werden, wenn er fortfährt den Mittelsatz der Gewerbsteuer zu zahlen.
Ausnahmsweise könnte seinem Wunsche vielleicht dann entsprochen werden, wenn er Umstände halber das bisher in der Ostenstadt bewohnte Haus nur auf eine Zeit lang zu verlassen genöthigt gewesen wäre und dasselbe über kurz wieder zu beziehen gedächte. Hiernach überlasse ich Ihnen die Bescheidung des Tropanenten. Der Landrath Gerstein. [Quelle: Stadtarchiv Schwelm 2008- Übertragung D. Weinreich]

Da hatte die Obrigkeit nun endlich mal Grund zum Einschreiten:

„Schwelm, 6.10.1829
An den Herrn Philipp Roemer zu Möllenkotten.
Da Sie die von Ihnen in Ihrem Hause auf der Ostenstraße geführte Wirthschaft nicht mehr betreiben und Ihr Domicil außerhalb der Stadt genommen haben, so eröffne ich Ihnen in Folge höherer Verfügung, daß Ihnen ferner eine polizeiliche Erlaubniß zum Betriebe dieser Schenkwirthschaft nicht ertheilt werden wird.  V.(oerster) (Bürgermeister)“

Doch dann löste sich offenbar alles recht schnell.

„Schwelm, den 4. Novb. 1829Erschien der Herr Philipp Roemer und übergab Nahmens der Frau Witwe Schulte zu Moellenkotten die anliegende Taxe, dabey bemerkend, daß dieselbe in der Stube links beym Eingange angeheftet werden solle.Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben .Römer a.u. s. Der Bürgermeister Voerster“

Die geforderte Preisliste kam in den Ausgang. Mit diesem Vorgang sind wir aber nun nach vielen Ereignissen um Philipp Wilhelm Römer dort angelangt, wo wir hinkommen wollten. Bei seiner Tochter Johanna Magdalena Römer, die Peter David Schulte heiratete und ihn lange überlebte. 

Philipp Wilhelm Römer  und Maria Sophia Kapp hatten (u.a.?)die folgenden Kinder:

RÖMER Johanna Magdalena-71 wurde am 09. März 1787 geboren.

Johanna Magdalena Römer heiratete Peter David Schulte, den „Gastwirt“ dender bereits 1825 starb und dessen Gastwirtschaft sie dann übernahm. Mehr dazu weiter unten.

Man hätte glauben können, dass es nun für Philipp Römer ruhiger geworden wäre. Er hat ein Haus, seine Tochter hat eine Gastwirtschaft. Am Hungertuche nagte er sicherlich nicht. Aber offenbar gab es weitere Händel, die zu Anfragen an die Stadt Schwelm führten:

Ew. Wohlgeboren ersu-chen wir ergebenst, uns über den moralischen Lebenswandel des Phillipp Römer aus Möllenkotten baldge-fällige Auskunft ertheilen zu wollen.
Schwelm, den 26. No-vember 1838
Königliches Land- und Stadtgericht
An-den Herrn Bürger-meister Sternenberg Wohlgeboren

Antwort Schwelm, den 10. Dezember 1838Einem W. Land-· und Stadtgericht erwidere ich auf die mir heute zugekommene Requisi-tion vom 26.v.M., daß mir der moralische Lebenswandel des Phillip Römer in Möllen-kotten nicht anders als gut bekannt ist. Der Bürgermeister Th. Sternenberg

So hatte denn Philipp Wilhelm Römer, etwa drei Jahre vor dem Tod seiner Frau ein gutes Zeugnis bekommen, nachdem er in der Reformierten Kirchengemeinde nur wenige Häuser neben seinem Haus tätig war, nachdem er die Wirtschaft in Schwelm und die Geschichte Schwelms zweifellos bereichert hatte – auch wenn er vielleicht (!) bei den Gewichtssteinen und bei den Balken seines Hauses nicht ganz korrekt gewesen sein sollte.

Weitere Dokumente hat Stadtarchivar Weinreich zu Phillip Wilhelm Römer gefunden, so zum Beispiel eine notarielle Verkaufsurkunde von Bergwerksanteilen an den „Sieper und Mühler Steinkohlen-Gruben bei Herzkampe“  an Phillip Römer.

Sophie Römer, geb. Kapp, starb drei Jahre nach dem erwähnten Führungszeugnis über den untadeligen moralischen Lebenswandel ihres Gatten Philipp  am 18. März 1841 in Möllenkotten - Schwelm.
Das Testament der Eheleute Römer-Kapp, so der Hinweis des Stadtarchivars von Schwelm, lag im Staatsarchiv Münster, wurde von dem Ehepaar aber  1838 wieder zurückgenommen.

Der Ehemann von Sophie Kapp und Protagonist der vorangegangen Geschichten aus Schwelm, Philipp Wilhelm Römer, starb nach 1841.

Von dem Haus der Römer gibt es heute keine Zeugnisse mehr: Das Haus wurde 1955 abgerissen  und stattdessen ein grauer Bau, wie damals üblich, hingestellt. 

Mit der durch das Stadtarchiv Schwelm ermöglichten Betrachtung der Familie Philipp Wilhelm Römer ist zugleich der Blick auf die Vorfahren der Johanna Magadalena Römer , die Peter David Schulte heiratete..

 

Römer fff