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ZeitLebensZeiten
Version 02.00.5
© ZeitLebensZeiten
2007 ff.
 

W. Nowack - Inspektor Johanneum

Nach Abschluß seiner Studien war Wilhelm Nowack eine Zeit lang Senior im Berliner Theologischen Stift Johanneum.

Aufgrund der von Wilhelm Nowack selbst verfassten, in seinem unverkennbar eiligen Schriftstil niedergelegten Chronik des Johanneums aus diesen Jahren, wissen wir reltiv gut, wie es um das Johanneum stand, aber auch, mit was sich Wilhelm Nowack zu beschäftigen hatte. Zu beschäftigen neben seinem weiteren Studium. Denn nach der Promotion musste er nun die Licenziaten Prüfung bestehen. Die galt es vorzubereiten. Nowack war also in der Tat Senior, aber eben immer noch Studierender. Bis zum Ende des Jahres 1875 blieb er im Johanneum. Sein Aufenthalt ist auch hervorragend dokumentiert durch das Berliner Adressbuch.


Winter 1872/1873

Wilhelm Nowack  beschreibt in der Chronik des Johanneums zunächst seine neue Rolle und die von ihm verfügten Änderungen:
 

18 B8

Am 2. November wurde durch unseren verehrten Ephorus Professor Dorner das Semester 1872/1873 eröffnet, viel hatte sich im Stift verändert und an die Stelle des ausgeschiedenen Senior F. Kirchner war der alte Konvictuale Dr. Nowak getreten. Ein großer Teil der alten Konvictualen war mit Schluss des Sommersemesters von der Universität gegangen, so dass 14 neue Konvictuale an jedem 2. November aufgenommen werden konnten. Aber trotz aller dieser Veränderungen ist in diesem Wintersemester doch niemals von einer gestörten Harmonie unter all diesen verschiedenartigen Elementen etwas gehört. In ... Arbeit, in Friede und Freude ist der Winter hingegangen. In den wissenschaftlichen Übungen lasen wir Jeremias und Hiob, die kleinen Propheten, aus dem Neuen Testament die beiden Korintherbriefe. Abweichend von meinem Vorgänger hielt ich eine vorherige Verteilung von Referaten nicht für wünschenswert; den einen wird damit eine auch für sie wünschenswerte Arbeit erspart, andere Schüchterne und in Rede wenig Geübte nur zu leicht von einer Beteiligung an der Besprechung abgeschreckt. Gewöhnlich forderte ich von einem jüngeren Mitglied Rechenschaft über die eine oder andere Schwierigkeit und sucht dann allmählich auch die älteren Herrn in die Debatte hineinzuziehen.

Professor Harms hatte angefangen mit uns Kants Kritik der reinen Vernunft zu lesen, leider nötigte die Ihnen seine schwache Gesundheit bald, die Übungen auszusetzen.

Wie bisher wurde auch in diesem Semester gewöhnlich sonnabends Shakespeare mit verteilten Rollen gelesen, zu Weihnachten kurz vor Abreise der Mitglieder wurde eine Bescherung veranstaltet, die erste seit Bestehen des Stifters: jener Abend mit seinem Lichterglanz, mit seinem Ernst und seinem Scherz, mit seiner ungetrübten Heiterkeit wird gewiss vielen unvergesslich sein.

Mittags lasen wir Jeremias und Hiob, doch so, dass das gelesene Kapitel zugleich übersetzt wurde, eine Einrichtung, die sich trefflich bewährt hat, am Morgen das neue Testament und zwar die.... Briefe exklusiv der Korintherbriefe. Vom Konvict wurden der Bibliothek geschenkt: Ritschl ... Kirche und Hase Polemik.
 

Sommer 1873

Die theologische Lizentiatenprüfung erfolgte für Wilhelm Nowack im August 1873 in Berlin.  Über das vorangehende Sommersemester im Johanneum schreibt er:

Mit dem 25. April begann das Sommersemester 1873, wiederum war eine große Zahl der Mitglieder neu eingetreten. Die wissenschaftlichen Übungen wurden in den oben angedeuteten Sinne fortgesetzt: aus dem Alten Testament wurde Jesaja, aus dem neuen Testament diesen Synoptiker gelesen, die Letzteren so, das der Senior die zu lesenden Abschnitte vorher bestimmte, um eine ersprießliche Besprechung und eine Einheit zu ermöglichen.

Leider ist dies Semester, besonders was das theologische Studium betrifft, nicht zu den fruchtbringendsten zu rechnen: die große Zahl sehr junger Mitglieder und der sehr heiße Sommer haben wohl das ihrige dazu beigetragen.

Die philosophischen Übungen hatte wieder Herr Professor Dr. Dorner übernommen, wie früher wurden die Quellen der griechisch römischen Philosophie gelesen und zwar speziell der Abschnitt über..... Am Mittag wurde wie im vorigen Semester das Buch, das in den wissenschaftlichen Übungen besprochen wurde, gelesen und übersetzt, also diesmal Jesajah. Gemeinsam wurden gehalten: die Deutschen Jahrbücher, ...und evangelische Kirchenzeitung, der Kladderadatsch. Von den Stiftern wurden der Johanneum-Bibliothek geschenkt: Frank System der christlichen Gewissheit, Pfleiderer Religion ihr Wesen und Geschichte und Beyschlag Nitzsch?, eine Lichtgestalt, Rothe...., Ritschl Rechtfertigung und Versöhnung.
 

Winter 1873-1874

Das Wintersemester 1873/1874, das IX. Semester seit dem Bestehen des Johanneums, zeichnete sich in mancher Beziehung von dem letztvergangenen aus. Die jungen und des Stiftslebens noch ungewohnten Elemente von ehedem begannen sich allmählich in die dem Hause so notwendige Ordnung zu fügen, ein eigenes wissenschaftliches Leben begann. Zwei der Mitglieder begannen mit der Lösung einer Preisaufgabe sich zu beschäftigen, freilich ohne zur gehörigen Zeit die Arbeiten abliefern zu können.

In den exegetischen Übungen beschäftigten uns in diesem Semester aus dem Alten Testament: die kleinen Propheten, Kohelette, Canticum, Threni; aus dem Neuen Testament: Briefe an die Römer, Galater, Epheser und Colosser.

Unser verehrter Ephorus ließ sich wie immer bereit finden, mit den Kommilitonen wöchentlich einen wissenschaftlichen Abend zu halten, an dem die Inspirationslehre besprochen wurde. Referent und Koreferent leiteten die Besprechungen ein, durch die von diesen aufgestellten Thesen ergab sich oft eine anregende und lebhafte Debatte.

Das brüderliche und gemütliche Zusammenleben fand seinen Ausdruck in der schönen Weihnachtsfeier, Scherz und Ernst haben jenen Abend zu einem für viele gewiss unvergesslichen gemacht.


Sommer  1874

Die Berichte des Seniors, im Adressbuch aber Inspektors genannten Wilhelm Nowack werden kritischer:
 

18 B9

Obgleich erfahrungsgemäß der Sommer fast immer die den Kommilitonen so nahe liegende fidelitas begünstigt und weiter entwickelt, war doch ein wissenschaftliches Streben und ernster Sinn nicht zu verkennen. Die exegetischen Übungen waren ziemlich regelmäßig besucht, auch sonst in Beteiligung ziemlich rege. Gegenstand der Besprechung waren Jeremia und im Neuen Testament die Korintherbriefe. Von Professor Dorner wurde weiter ein wissenschaftlicher Abend gehalten, an dem die Lehre von der Erlösung in einer Reihe von Thesen besprochen wurde.

Die gegenseitige Annäherung der Stiftsmitglieder wurde durch friedliches Beisammensein in verschiedenen Abenden und auch einige Ausflüge in die Umgegend erreicht.
 

Winter 1874-1875

Dieses Semester gehört leider zu den am wenigsten erfolgreichen, die das Johanneum bisher erlebt. Die Übungen wurden außerordentlich schwach besucht, die Vorbereitung wurde leider nur zu oft vermisst, so dass von wirklichem Erfolg nur bei wenigen die Rede sein kann.

Zum Teil ist wohl diesem großen Mangel an wissenschaftlicher Regsamkeit in der sehr traurigen Gesundheitsverhältnissen dieses Winters begründet, wochenlang mussten 2-3 Kommilitonen das Zimmer hüten, der eine weilt noch jetzt am Schluss des Semesters im Elisabeth-Krankenhause (Springborn). Dazu kam, dass drei Mitglieder durch dem Militärdienst fast ganz dem Johanneum entzogen waren. Gegenstand der Besprechung in den exegetischen Übungen waren vom Alten Testament: Hiob, im Neuen Testament: die Synoptiker. An den von Professor Dorner gehaltenen wissenschaftlicheren Abenden wurde die Lehre von der Rechtfertigung behandelt.

Über das gemütliche Beieinanderwohnen lässt sich nur Gutes sagen: Herzlichkeit und Bereitwilligkeit zu Dienstleistungen in schwerer Krankheit, eine fast wehmütige Stimmung an dem letzten Abend, da wir miteinander versammelt waren, waren die  besten Beweise, dass das Semester wenigstens in dieser Beziehung nicht erfolglos verstrichen war.
 

Sommer 1875

Das Sommersemester 1875 hat leider keinen zu großen Erfolge aufzuweisen gehabt und der Tadel, der in Betracht des Wintersemesters ausgesprochen ist,  gilt bisher in noch höherem Grade vom Sommersemester.

Freilich findet dieser Mangel an ernster Arbeit bei vielen Konvictualen seinen Grund in der oft drückenden Hitze, die zu guter Arbeit untauglich machte. Die Hauptursache liegt jedoch leider in dem geringen wissenschaftlichen Sinn, so dass das Kuratorium am Schluss des Semesters ernstlich zu Rathe gehen musste, ob allen Konvictualen fernerhin der Aufenthalt im Hause gestattet sei.

Ein Konvictuale musste wegen seiner Übergriffe leider zum Austritt gezwungen werden, doch, zur Ehre der Anstalt sei’s gesagt, fehlte es auch an treuen ernsten Arbeitern nicht, leider blieben sie nur ohne durchgreifenden Einfluss auf die übrigen.

Zu erwähnen ist hier auch, das gemütliche brüderliche Beieinanderleben, dass wohl kaum durch einen Misston gestört ist.

Gelesen wurden im Neuen Testament die beiden Korintherbriefe, im Alten Testament die kleinen Propheten. Unser verehrter Ephorus opferte wie bisher willig einen Teil seiner kostbaren Zeit und leitete an mehreren Abenden Besprechungen über das Verhältnis von Staat und Kirche, die durch Referat und Co. Referat zweier Mitglieder des Stifters eingeleitet wurden

Mit diesen Worten endet der letzte „Rechenschaftsbericht“ des Seniors oder Inspektors, wie die Rolle auch genannt von Nowack selbst auch so angegeben wurde. Über den weiteren Fortgang der Dinge berichtet dann sein Nachfolger Dr. Gröger. Seinem Überblick entnehmen wir, dass Nowack offenbar erst im Laufe des Wintersemesters 1875 ausgeschieden ist:
 

Wintersemester 1875-1876

In der Mitte des Wintersemesters 1875 1876 trat Dr. Gröger an die Stelle des ausscheidenden Lic. Dr. Nowak.

Leider war der Stand der Dinge wie ich ihn antraf, kein sehr günstiger. Die schlechten Elemente im Stift, welche bereits im vorigen Semester ihren störenden und hemmenden Einfluss geltend gemacht hatten, wurden in diesem Semester statt vermindert vielmehr noch gestärkt. Persönliche Reibereien zwischen einzelnen kamen hinzu und halfen, das gemütliche und gesellige Leben zu untergraben. Nachdem um Weihnachten eines der Mitglieder freiwillig – dieser jedoch keiner und ehrenhaften Handlungen wegen – ausgetreten war, musste zu Ende des Semesters einem anderen die Wiederaufnahme versagt werden. Ein Dritter wurde zu Anfang des Sommers seines gesamten sittlichen Verhaltens wegen excludiert.

Im abgelaufenen Jahr 1875 habilitierte Wilhelm Nowack. Er war nun Privatdozent und konnte an der Kaiser-Wilhelm-Universität lehren.

Im Jahr 1876 konnte sich Wilhelm Nowack im Adressbuch (Stand eher 1875) als Dr. theol. Ausweisen und als stellvertretender Divisionspfarrer.  Offenbar war dies seine erste Stellung. Er hatte aber  im Johanneum wohnen dürfen.