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Version 02.00.01
© ZeitLebensZeiten
2007 ff.
 

Hermann Smend

SMEND Hermann-646  wurde am 27. April 1854 in Lengerich geboren. Er starb am 13. September 1887 in Münster.

Er studierte in Bonn: Immatrikuliert am: 22. Oktober 1873 mit 19 Jahren & ein zweites Mal am 29. April 1876; Geburtsort: Lengerich;  Wohnort: Münster; Beruf des Vaters: Consistorialrat; Fach: Jura; Zeugnis der Reife: Ja; Evangelisch; Abgang: 11.03.1875 & am 11.09.1876; [Quelle: Archiv der Universität Bonn 28.10.2010]; Referendar in Münster, Leutnant der Reserve im 1. Westfäl. Infanterieregiment Nr. 13.

Über Hermann Smend erfährt der Leser der Gauhe-Smend-Chronik viele Details über seine Krankheit und die für die streng evangelische Familie ganz offensichtlich sehr problematische Verlobung mit der katholischen(!) Theodora Brune. Hermann Smend arbeitete im Jahr 1881 als Referendar und half seinen Eltern bei der Abwicklung der notwendigen Dinge nach dem Tod seines Bruders Friedrich Smend. Stationen aus dem Leben von Hermann Smend:


1881

[Adelheid und Friedrich Smends Sohn] Fritz [Smend] hatte den ganzen Winter gekränkelt, [seine Brüder Hermann und ...Julius [Smend] fuhren zu ihm. Am 26. März 1881 ..kam die Depesche mit der Todesnachricht von Dudenrode. [Seine Schwester] Mariechen lag noch zu Bett, als [Luise Torhorst]ihr die Depesche brachte. Bald darauf war sie unten und [Luise] hörte sie noch den Bachschen Satz aus der Matthäus Passion spielen „Was mein Gott will, dass gescheh allzeit“.

Es gab dann in Dudenrode viel Trauriges zu ordnen, für Vater Friedrich Smend viel bitteres durch zu kämpfen. [Sein Sohn] Hermann [Smend] als Jurist und von Natur besonders praktisch begabt, blieb bei [seiner Schwägerin] Gesine [geb. Hoon] und übernahm alle Fürsorge, nahm [seinem Vater Friedrich] alles ab. Dankbar haben [die] Geschwister das anerkannt, ach, und wir ahnten damals alle nicht,,dass neues Leid gerade von ihm [Hermann Smend] auf [ihre Eltern Adelheid und Friedrich Smend] wartete, und mit ihnen auf [deren Tochter] Mariechen, deren letzte Lebenszeit dadurch noch besonders getrübt wurde.

Hermann [Smend] war durch alte Schulfreunde, die streng katholisch waren, in die katholisch juristische Verbindung „Carlisten“ eingetreten. So lernte er Dora Brune kennen und verlobte sich heimlich mit ihr. Damals wohnte er bei seinen Eltern [Adelheid und Friedrich Smend] und arbeitete am Landgericht. Man wusste in Münster lange von der Verlobung, ehe [seine Eltern] eine Ahnung von Theodora Brune hatten.. [Hermanns Schwester] Mariechen kannte sie als hübsches, gewandtes, aber streng katholisches junges Mädchen aus dem Gesangverein. Sie hat bis zum Tode ihren ganzen Einfluss aufgeboten, um Hermann vor der Verlobung zu warnen, und, um der alten Eltern willen, von der unheilvollen Verbindung zu lassen. Es war umsonst.
 

1884

Es folgte ein stiller Winter für uns alle. [Mutter Adelheids Sohn] Hermann war durch das Assessorexamen gefallen, und sein körperliches befinden machte uns allen Rechte Sorge. Der Verkehr mit Brunes brachte manche peinliche Aufgabe, die [Adelheid Smend] mit Treue, Takt und Vorsicht löste. Die Basler hatten Theodora Brune freundlich zu sich eingeladen, auch nach Leeden und Ledde kam sie. Vor ...Hermanns Examen hatte sie einen Bittgang zur wundertätigen Maria nach Telgte gemacht, und neben allen ihren religiösen Pflichten, die sie streng erfüllte, konnte sie mit leichter Handarbeit und liebenswürdigem Plaudern bei Großmama sitzen, die dann in eine fremde Welt versetzt worden.


1886

[]..Herrmann hatte im Herbst 1886 zum zweiten Mal Unglück in Examen und konnte es nicht noch einmal machen. So trat er als Referendar in eine Feuerversicherungsgesellschaft in Mönchengladbach ein, arbeitete zunächst auf dem Büro des Direktors Klug. Körperlich ging es ihm nicht gut. Er hatte aus der schweren Gelenkentzündung ... ein sehr schmerzhaftes Knieleiden behalten, so dass das Gehen ihm sehr sauer wurde. Dabei trug er den Druck um die verfahrene Karriere und die völlig ungewisse Zukunft, bei der langen Verlobung mit  sich herum, und [die Geschwister] alle hatten statt der früheren Bitterkeit nur herzliches Mitleid mit ihm. Er suchte seiner Braut und ihrer Mutter statt all der Enttäuschung auf seine Art Freude zu machen, in dem er ihnen alle möglichen Dinge kaufen und schicken ließ, seiner Braut den kostbarsten Schmuck, Frau Brunn edlen Wein und dergleichen.

Er verlor ganz den Maßstab dafür, was er nach seinen Verhältnissen darin tun konnte und durfte. Für [Mutter Adelheid] war das alles sehr schwer. Der Winter 1886-1887 ging für sie unter beständiger Sorge und Angst. Und Hermann suchte sich einzuarbeiten. Aber er war zu krank. Immer wieder musste er liegen. [Bruder]Wilhelm sah nach ihm, [Arnold Torhorst] besuchte ihn, [Bruder] Julius von Seelscheid aus.
 

1887

Mitte Juni 1887 musste [Herrmann Smend] die Stellung in Mönchengladbach aufgeben und nach Münster zurückkehren, wo er sich bald legte. Die Kniegelenkentzündung entwickelte sich mit unsäglichen Schmerzen. Zuerst half Klementine bei der Pflege, aber es musste eine barmherzigen Schwester genommen werden. Qualvolle Wochen und Monate kamen. Die Schmerzen waren so groß, dass Onkel Hermann bei jedem Verbetten chloroformiert werden musste. Tag und Nacht wachte in die Mauritzer Schwestern.

[Seine Mutter Adelheid Smend] litt unsäglich mit ihrem „Jungen“, aber er wurde auch ganz wieder „ihr“ Junge.  Immer bat er : „Komm wieder“ wenn sie hinausging, und bat, dass sie möchte das Strickkörbchen stehen lassen als sicheres Pfand ihres Wiederkommens. [Die Schwestern] Paula und Luise fuhren nach Münster, so oft [sie] nur konnten, und es war [ihnen] eine große Freude, dass das alte Vertrauen zwischen uns ganz wiederhergestellt wurde. Mit welcher Liebe sah er [ihnen] entgegen!

Frau Brune und Dora gingen erst viel aus und ein, saßen auch viel allein bei ihm. Es handelte sich um Hermanns Testament, das er versprochen hatte, seiner Braut zu Gunsten aufzusetzen. Ein katholischer Rechtsanwalt setzte es im Krankenzimmer auf. Es war, als habe er damit eine Pflicht abgetan. Hernach freute er sich, wenn niemand von Brunes kam.

Das viele Morphium, die häufigen Narkosen verwirrten sein klares Denken. Aber in lichten Stunden sprach er sich kindlich offen über alles mit [seiner Mutter] aus. Dann hielt er ihre Hand fest, ließ sich von ihr Trostworte sagen, zeigte wohl auf die von der Decke herab hängt Schnur sagte: „Sieh, Mama, das ist meine Himmelsleiter, da steigen meine Bitten und Seufzer hinauf und Trost kommt herunter“ oder er rief „ Schaue meiner Hände Falten und mich selber freundlich an -  von den hohen Kreuzes Bäumen und gibt meiner Bitte Raum. - Sprich: Laß all Dein Trauern schwinden. Ich, ich tilg all Deine Sünden“. Ganz vorzügliche barmherzige Geschwistern pflegten ihn, Schwester Leonharda, Agatha, Sophie. es sei ihnen unvergessen, wie sie nachts Onkel Hermann in seiner Not vorlasen: „Was Gott tut, das ist wohlgetan“, „Stark ist meines Jesu Hand“.

[Adelheid Smend fuhr] einmal acht Tage nach Leeden, von [Tochter] Paula geholt, weil sie völlig erschöpft war. [Luise] blieb indessen in Münster, aber bei der Heimkehr [von Adelheid Smend] war die Not noch gestiegen. Am 13. September 1887 abends spät kam die Erlösung. [Die Brüder]Rudolf, Julius,Wilhelm, die Leedischen, Arnold Torhorst und Luise Torhorst, alle waren..da mit seiner Mutter Adelheid.

Hermann hatte Luise in den letzten Wochen einmal gesagt: „Es ist die beste Lösung, dass ich sterbe“. Und ..alle glauben, dass Hermann dadurch vielen bitteren Kämpfen entgangen ist. Er war ganz wieder [ihr] Hermann geworden. Gott sei Dank! Er hatte bestimmt, das an seinen Sarge keine Rede gehalten werden sollte, nur das Lied wünscht er sich: „Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut“. .. Es schließt mit den Worten: „Der Herr hat alles Recht gemacht und alles, alles recht bedacht: Gebt unserm Gott die Ehre“. Als der Sarg hinausgetragen wurde, stimmte die Regimentsmusik an: „Was Gott tut das ist wohlgetan“. Dann geleiteten treue Freunde mit den Brüdern und der Schwägerin die sterbliche Hülle von Hermann nach dem Mauritzer Friedhof, wo [seine Mutter Adelheid] ihm ein Kreuz errichten dies mit der Inschrift: „Siehe, wir preisen selig, die erduldet haben“.

Auf [Adelheid Smend] wartete eine neue Prüfung. Kaum hatte sich ...Hermanns Grab geschlossen, als Brunes mit ihren Ansprüchen hervortraten. Nicht nur verlangten sie Hermanns Vermögen, auch seine Wäsche, seine Garderobe, seine Uniform, seine Bücher, kurz alles und jedes, ja sie hatten die Unverschämtheit zu fragen, wie viel Onkel Hermann im Portemonnaie gehabt habe beim Scheiden. Den Pflichtteil von Mariechens Vermögen [also seiner verstorbenen Schwester] beanspruchten sie. [Hermanns Schwager Arnold Torhorst] war Testamentsvollstrecker auf Hermanns Wunsch. Er musste in Mönchengladbach alles abwickeln und ordnen, in Münster mit Brunes verhandeln. Mit großer Treue gegen [seine Schwiegermutter Adelheid Smend] hat er alles ausgeführt, mit Festigkeit, so viel er konnte, unrechte Ansprüche abgewehrt. Wie [hat Luise ihre Mutters] Großherzigkeit, Stille und inneren Frieden in jener Zeit bewundert! Als alles geordnet war, fuhren [Arnold und Luise] mit ihr zum Notar, wo „ Tante Dora“ die schriftliche Erklärung abgeben musste, dass alles ihr Zustehende ihr ausgehändigt sei. „ Kinder, jetzt danke ich erst dort von Herzen, dass aus der Verbindung nichts geworden ist. Es wäre nur Unglück daraus entstanden. Dafür bringen ich jedes Opfer jetzt mit Freuden“ sagte [Adelheid Smend]

Der Verkehr mit Brunes löste sich bald ganz. Dora kam noch zuweilen, stickte dann an einer kostbaren Altardecke für die katholische Kranken Kapelle auf Mauritz. Wir hörten schon bald hierauf, dass sie sich wohl mit dem Witwer ihrer Freundin, dem damaligen Oberförster Roters verloben werde, und als das Trauerjahr vorüber war, heiratete sie ihn und zog nach Holstein.

Hermann Smend wurde 33 Jahre alt.